BGH, Beschluss vom 10.06.2010 – V ZB 192/09
BGH-Entscheidung zum Ablöserecht eines nachrangigen Gläubigers in der Zwangsversteigerung
Sachverhalt:
In einem Zwangsversteigerungsverfahren war die Ehefrau des Schuldners nachrangig im Grundbuch abgesichert. Die Ehefrau des Schuldners hat im Zwangsversteigerungsverfahren als nachrangig gesicherte Gläubigerin nur das bestrangige Grundpfandrecht des mehrere Rechte habenden betreibenden Gläubigers abgelöst. Dies erfolgte nach dem Versteigerungstermin, in welchem aber noch kein Zuschlagsbeschluss verkündet war. Es war ein separater Verkündungstermin anberaumt worden. Nach dem Versteigerungstermin, aber vor Verkündung des Zuschlagsbeschlusses meldete die nachrangig gesicherte Ehefrau ihre Rechte an und erklärte, dass nach § 33 ZVG der Zuschlag zu versagen sei. Dennoch wurde der Zuschlag erteilt.
Die Ehefrau legte gegen den Zuschlagsbeschluss Beschwerde ein.
Der BGH sah das Verhalten der Ehefrau des Schuldners nicht als unredlich und damit auch nicht als rechtsmissbräuchlich an. Dass die der Ehefrau zustehenden Rechte nur noch formal als „leere Hülle“ bestanden, war nicht ersichtlich. Auch ein kollosives Zusammenwirken mit dem Schuldner konnte nicht festgestellt werden. Es kommt nach Auffassung des BGH nicht darauf an, ob die Ehefrau mit ihrem nachrangigen Recht eine Befriedigung aus dem Versteigerungserlös beanspruchen kann. Sie muss auch nicht alle bestehenden Rechte des Gläubigers ablösen, sondern kann sich auf das bestrangige zur Wahrung ihrer verfahrensrechtlichen Position beschränken.
Zuschlagsbeschluss – Räumung
Häufig wenden, insbesondere um Kosten zu sparen, Gläubiger die sogenannte „Berliner Räumung“ an, mittels derer ein Gerichtsvollzieher nur beauftragt wird, die Immobilie zu räumen, also den Vollstreckungsschuldner aus den Besitz zu setzen, ohne aber die beweglichen Sachen aus dem Objekt zu entfernen.
Das Landgericht Bonn hat in einem Beschluss vom 29.04.2010 entschieden, dass aus dem Zuschlagsbeschluss in der Zwangsversteigerung keine „Berliner Räumung“ durchgeführt werden könne.
Der Gerichtsvollzieher kann nicht beauftragt werden, eine im Wege der Zwangsvollstreckung, nämlich durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung, erworbene Immobilie zu räumen und dabei die beweglichen Sachen, statt sie aus dem Haus zu entfernen, dort zu belassen und so den Besitz der bisherigen Eigentümer zu entziehen.
Landgericht Bonn, Beschluss vom 29.04.2010 – 6 T 107/10
Zuschlag nach Genehmigung fehlerhaft fortgesetzter Grundstücks-Zwangsversteigerung
Leitsätze des BGH-Beschlusses vom 19.11.2009 – V ZB 118/09
Der Zuschlag kann auch nach einer rechtsfehlerhaften Fortsetzung des Verfahrens durch das Vollstreckungsgericht von Amts wegen erteilt werden, wenn der betreibende Gläubiger bei der Anhörung über den Zuschlag (§74 ZVG) das Verfahren genehmigt.
Die Genehmigung kann auch mit der Zustimmung des Gläubigers zur Erteilung des Zuschlags an den Meistbietenden erklärt sein.
Die fehlerhafte Fortsetzung des Verfahrens von Amts wegen führt nicht zu einem Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 6 ZVG, da für das Vollstreckungsgericht sich das weitere Verfahren nach der formell rechtskräftig gewordenen Zwischenentscheidung bestimmt.
Der BGH-Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Bet. zu 3 betreibt seit März 2006 die Zwangsversteigerung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks. Eigentümer waren mit je einem halben Miteigentumsanteile die Bet. zu 1 und ihr Ehemann, dessen Rechte durch den Bet. zu 2 (Insolvenzverwalter) wahrgenommen werden. Nach Einstellungen des Verfahrens auf Antrag der Schuldner nach § 30 a ZVG und der Bet. zu 3 nach § 30 ZVG beschloss das AG auf Antrag der Bet. zu 3 im März 2008 die Fortsetzung des Verfahrens und bestimmte den Verkehrswert auf EUR 53.000,00. Nachdem der Zuschlag auf das in dem ersten Versteigerungstermin abgegebene Meistgebot von EUR 5.000,00 nach § 85 a ZVG versagt worden war, gaben die Bet. zu 4 in einem zweiten Versteigerungstermin ein Meistgebot von EUR 32.000,00 ab, auf das ihnen der Zuschlag erteilt wurde. Dieser Zuschlagsbeschluss wurde auf Grund der von der Bet. zu 1 eingelegten Zuschlagsbeschwerde, mit der sie beanstandete, dass die Miteigentumsanteile nicht nur zusammen, sondern auch einzeln hätten ausgeboten werden müssen, von dem Vollstreckungsgericht aufgehoben und ein neuer Versteigerungstermin bestimmt. In diesem Termin erschienen wiederum auch die Bet. zu 4, die auf das Gesamtausgebot beider Anteile ein Meistgebot in Höhe von EUR 32.000,00 abgaben, auf das ihnen erneut der Zuschlag erteilt wurde. Hiergegen wandte sich die Bet. zu 1 mit ihrer erneuten Zuschlagsbeschwerde, mit der sie beanstandete, dass das Verfahren nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag der Bet. zu 3 hätte fortgesetzt werden dürfen, wozu es eines (auch) ihr zuzustellenden Fortsetzungsbeschlusses bedurft hätte.
Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV)
Ein Service des Bundesministeriums der Justiz in Zusammenarbeit mit der juris GmbH – www.juris.de
ZwVwV
Ausfertigungsdatum: 19.12.2003
Vollzitat:
„Zwangsverwalterverordnung vom 19. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2804)“
Fußnote
Textnachweis ab: 1. 1.2004
Eingangsformel
Auf Grund des § 152a des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-14, veröffentlichten bereinigten Fassung, der durch Artikel 7 Abs. 23 des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) eingefügt worden ist, in Verbindung mit Artikel 35 des Gesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3574), verordnet das Bundesministerium der Justiz:
§ 1 Stellung
(1) Zwangsverwalter und Zwangsverwalterinnen führen die Verwaltung selbständig und wirtschaftlich nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Sie sind jedoch an die vom Gericht erteilten Weisungen gebunden.
(2) Als Verwalter ist eine geschäftskundige natürliche Person zu bestellen, die nach Qualifikation und vorhandener Büroausstattung die Gewähr für die ordnungsgemäße Gestaltung und Durchführung der Zwangsverwaltung bietet.
(3) Der Verwalter darf die Verwaltung nicht einem anderen übertragen. Ist er verhindert, die Verwaltung zu führen, so hat er dies dem Gericht unverzüglich anzuzeigen. Zur Besorgung einzelner Geschäfte, die keinen Aufschub dulden, kann sich jedoch der Verwalter im Fall seiner Verhinderung anderer Personen bedienen. Ihm ist auch gestattet, Hilfskräfte zu unselbständigen Tätigkeiten unter seiner Verantwortung heranzuziehen.
(4) Der Verwalter ist zum Abschluss einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung für seine Tätigkeit mit einer Deckung von mindestens 500 000 Euro verpflichtet. Durch Anordnung des Gerichts kann, soweit der Einzelfall dies erfordert, eine höhere Versicherungssumme bestimmt werden. Auf Verlangen der Verfahrensbeteiligten oder des Gerichts hat der Verwalter das Bestehen der erforderlichen Haftpflichtversicherung nachzuweisen.