Leitsätze des Gerichts:
Die für die Zwangsvollstreckung in ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstück gemäß § 857 Abs. 4 Satz 1, 2 ZPO vorgesehene Verwaltung des Grundstücks setzt ebenso wie die Zwangsverwaltung nach §§ 146 ff. ZVG den unmittelbaren oder mittelbaren Besitz des Schuldners voraus.
Die Anordnung der Verwaltung hängt nicht von der Feststellung des Vollstreckungsgerichts ab, dass der Schuldner das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück tatsächlich besitzt. Wenn die Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch nachgewiesen ist, ordnet das Vollstreckungsgericht die Verwaltung nach § 857 Abs. 4 ZPO ohne eine Prüfung an, ob der Schuldner den Besitz an dem Grundstück innehat. Etwas anderes gilt dann, wenn dem Vollstreckungsgericht bekannt ist, dass der Schuldner keinen Besitz hat.
BGH, Beschluss vom 09.12.2010 – VII ZB 67/09 (Vorinstanzen: LG Stuttgart, AG Ludwigsburg)
Keine Beschlagnahme von mieterseitigen Ausgleichszahlungen bei späterer Zwangsverwaltung
Leitsätze des Gerichts:
Verpflichtet sich der Mieter in einem Mietaufhebungsvertrag zu Ausgleichszahlungen, falls der Vermieter bei einer Weitervermietung des Mietobjekts nur eine geringere als die vom Mieter geschuldete Miete erzielen kann, wird dieser Anspruch bei einer späteren Zwangsverwaltung des Grundstücks nicht von der Beschlagnahme erfasst.
Tritt der Vermieter diese Forderung vor der Anordnung der Zwangsverwaltung über das Mietgrundstück an einen anderen ab, stellt dies keine Vorausverfügung über eine Mietforderung i. S. von § 1124 Abs. 2 BGB dar.
BGH, Urteil vom 08.12.2010 – XII ZR 86/09 (Vorinstanzen: LG Lüneburg, AG Celle)
Anordnungsvoraussetzungen für die Zwangsverwaltung einer GbR
Leitsätze des Gerichts:
Die Zwangsverwaltung des Grundstücks einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts darf nur angeordnet werden, wenn deren Gesellschafter sämtlich aus dem Titel hervorgehen und mit den im Grundbuch eingetragenen Gesellschaftern übereinstimmen. Hinsichtlich der Gesellschafter gilt § 1148 Satz 1 BGB entsprechend.
Veränderungen im Gesellschafterbestand sind durch eine Rechtsnachfolgeklausel analog § 727 ZPO nachzuweisen.
Der erweiterte öffentliche Glaube des Grundbuchs nach § 899 a BGB bezieht sich nur auf die Gesellschafterstellung, nicht auf die Geschäftsführerbefugnis.
BGH, Beschluss vom 02.12.2010 – V ZB 84/10 (Vorinstanzen. LG Kassel, AG Kassel)
Zwangsversteigerung trotz fehlender Eintragung der Schuldnerin im Grundbuch
§§ 766, 574 ZPO; § 17 ZVG
BGH, Beschluss vom 30.09.2010 – V ZB 219/09 (Ausgangsgericht LG Tübingen)
Beschlusswortlaut des BGH:
1. Gegen die Anordnung der Zwangsversteigerung durch das Beschwerdegericht kann der nicht angehörte Schuldner bei dem Beschwerdegericht die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO einlegen. Gegen die Zurückweisung der Vollstreckungserinnerung durch das Beschwerdegericht ist nach Maßgabe von § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde statthaft.
2. § 17 I Fall 2 ZVG ist auf eine erbgangsgleiche Universalsukzession entsprechend anwendbar. Eine solche Universalsukzession liegt vor, wenn eine zweigliedrige Erbengemeinschaft durch Abschichtung aufgelöst wird und der Nachlass Alleineigentum eines Erben wird.
URTEIL VOM 11.08.2010
ZVG § 152 Abs. 1; ZPO § 51 Abs. 1
Wird ein Zwangsverwaltungsverfahren nicht wegen Antragsrücknahme (§§ 161 Abs. 4, 29 ZVG) oder der vollständigen Befriedigung des Gläubigers (§ 161 Abs. 2 ZVG) aufgehoben, sondern weil das Grundstück in der Zwangsversteigerung zugeschlagen wurde, ist der Zwangsverwalter auch ohne entsprechende Ermächtigung im Aufhebungsbeschluss befugt, wegen Nutzungen aus der Zeit vor der Zuschlagserteilung Klage zu erheben, sofern der die Zwangsverwaltung betreibende Gläubiger im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zuschlagsbeschlusses noch nicht vollständig befriedigt ist.
BGH, Urteil vom 11. August 2010 – XII ZR 181/08 – OLG Koblenz LG Mainz …
BGH_urteil_11_08_2010